
Geri Ryser – die Stimme des SCB, und viele andere Volunteers
SCB gegen Lausanne. Der Erste gegen den Vierten. Eine normale Qualifikationsbegegnung. Dieser Bericht ist aber für einmal anders. Er entsteht im Speaker-Häuschen. Ein exklusiver Blick hinter die Kulissen einer Eishockeypartie.
Es ist 18:30 Uhr. Geri Ryser, in der 33. Saison die Stimme des SCB, holt mich im Zeitnehmerbüro im Bärengraben ab, Der Bärengraben ist in Bern zweifach bekannt. Einmal als Graben mit richtigen Bären. Und einmal als Gang zwischen den Kabinen der Postfinance Arena. Von da laufen wir um das Spielfeld herum zum Speaker Häuschen. „Hier bin ich schon unzählige Male durchgelaufen“, meint Geri. Eine kurze Rechnung zeigt, dass es in den 33 Jahren wohl rund 2000 Maile gewesen sind. „Ich brenne immer noch für diesen Sport“, meint der Speaker und man sieht ihm das den gesamten Abend hindurch auch an. Er ist ein Speaker mit grossem Engagement und Leidenschaft für seine Funktion.
Nach einer Verpflegung beginnt die Arbeit des Speakers. Es gilt, die Aufstellung der Teams anzuschauen und zu lernen. Lernen? Warum denn? Ganz einfach: Neben den Schweizer Spielern hat es auch Teammitglieder aus den verschiedensten Ländern mit den verschiedensten Namen, deren Aussprache uns nicht sehr geläufig ist. Es gibt eine App, in der man die Aussprache der Namen abhören kann. Und dann gibt es noch Spieler und Namen, deren Aussprache in dieser App nicht vorhanden sind. Gavin Bayreuther vom HC Lausanne zum Beispiel. Die Homepage media.nhl.com zeigt dann in phonetischer Schrift, wie er ausgesprochen werden muss: BAY.roo-thur, GA-vihn. Wärt ihr darauf gekommen?
Vor dem Spiel
Um 19:05 Uhr beginnt das Einspielen der Teams. In dieser Zeit bereitet der Speaker seinen Einsatz vor und die weiteren Helfer treffen ein. 19:32 Uhr: Geri begrüsst die Zuschauerinnen und Zuschauer und verliest die Aufstellung des Gastes HC Lausanne. Mit der Nummer 5 kommt BAY-roo-thur – wie wir jetzt wissen – fast zuvorderst in der Liste. Danach gehen die Lichter aus, die Crew im Speaker Häuschen ist breit, die Stimmung ist freundschaftlich und konzentriert. Um 19:41 Uhr kommt Brian Abey, der Speaker auf dem Eis, aufs Feld und ruft die SCB-Spieler einzeln aufs Eis. Dann betritt der Gast aus Lausanne die Arena. Und schliesslich begrüsst der Speaker die beiden Postfinance-Topscorer: Antti Suomela für Lausanne, Austin Czarnik für den SCB. Und dann wird abgewartet, bis es präzise 19:45 Uhr ist. Los geht’s.
Im Speaker Häuschen sitzen und helfen sechs Herren: Der erste, der die Kontrolluhr bedient, Er heisst Rolf und ist schon in seiner 35. Saison für den SCB , Dann die Bedienung der Matchuhr, jene, die auch auf dem Videowürfel zu sehen ist. Dann der Speaker Geri Ryser. Dann derjenige, der mit der Regie verbunden ist, Weiter der Reporter, der die Partie live aufs Internet überträgt und zuhinterst jener Herr, der für die TV Bilder zuständig ist. Dank ihm können die Schiris unklare Szenen nachträglich kontrollieren. So wie heute beim ersten Tor der Berner. Dazu aber später.
Während dem Spiel
Die ersten Minuten der Partie verlaufen eher flau. Die erste Chance hat der Berner Topscorer Austin Czarnik (phonetisch Tscharnik) nach knapp 4 Minuten. Eher ungefährlich war es, noch nicht viel gefährlicher als beim Einschiessen, so denkt man. „Code 74, 6:37 Minuten. 88 sitzt sie ab“. Das die Informationen an den Speaker: „Zwei Minuten wegen zu vielen Spielern auf dem Eis, die Strafe wird abgesessen durch den Spieler Nr. 88, Thierry Schild, Zeit: 6 Minuten 37“. Damit sind die Zuschauerinnen und Zuschauer informiert, dass der SCB in Unterzahl spielt. Lausanne nützt die Überzahl sehr rasch aus und erzielt das vermeintliche Führungstor. Sekunden später informiert der Head-Schiedsrichter, dass der SC Bern eine Coaches Challenge nimmt, um die Szene wegen einer möglichen Torhüterbehinderung überprüfen zu lassen. Die Schiedsrichter annullieren den Treffer wegen Torhüterbehinderung.
Thierry Schild muss zurück auf die Strafbank, der Speaker informiert den Schiedsrichter, dass die Strafe noch 1:01 Minuten dauert. Die Regie zählt die letzten fünf Sekunden der Strafe runter. Damit der Spieler wieder aufs Eis und der Speaker dies ansagen kann. Die Türe geht auf, Schild kehrt aufs Eis zurück und in diesem Moment fällt das erste reguläre Tor für Lausanne doch noch. Gemeinsam eruieren die Schiedsrichter und die Funktionäre den Torschützen und den Assist-Geber Und Geri Ryser kann kommunizieren, dass Michael Raffls das Tor auf Pass von Janne Kuokkanen erzielt hat.
Der Regisseur meldet dem Speaker, wann die letzte Spielminute des 1. Drittels anbricht, damit der Speaker das kommunizieren kann. „Ds erschte Drittu duuret no 1 Spielminute, encore une minute à joiuer dans le premier tiers-temps“. meldet Geri. Bei 19:45 fällt das erste Tor für den SCB. Schon während die Partie noch lief, hatte der Head Schiedsrichter zu verstehen gegeben, dass er überprüfen will, ob der Schuss 1:10 vor Ende des 1. Drittels schon ein Tor war.
Fazit: Dem SCB wird ein Tor gutgeschrieben werden, die Frage ist nur, welches zählt Wenn der erste Schuss drin gewesen sein sollte, wird die Uhr auf 1:10 vor Ende des 1. Drittels zurück gestellt. Nach Konsultation des Videos erkennen die Schiedsrichter, dass der erste Schuss schon ein Tor war. Damit war Romain Loeffel und nicht Marc Marchon der Torschütze. Marchon hatte seiin Tor nach 19:45 erzielt Die zeit wird auf 18:50 zurückgestellt. Die Stimmung und die Zusammenarbeit mit den Schiedsrichtern sind hervorragend und sehr respektvoll Geri muss somit die letzte Minute des ersten Drittels zweimal ansagen. Das gibt’s nur ganz selten. 1:1. Pause.
*Heit dir es Gou verpasst, kes Problem…“ erklärt Geri zu Beginn der Drittelspause. „Dr SCB bewegt üs, mir bewege dr SCB…“, auch das eine weitere Durchsage des Speakers. Danach übernimmt Brian Abey zum Pausenspiel. In der Pause erklären mir die Zeitnehmer ihre Arbeit. Es gibt die eine, offizielle Matchuhr, die auch auf dem Videowürfel zu sehen ist. Dann gibt es eine Kontrolluhr, um immer sicher zu sein, dass alles korrekt ist. Auf der Kontrolluhr läuft die Drittels-Zeit rückwärts (wie auf dem Videowürfel) und die Gesamt-Zeit aufwärts. So können dem Speaker jederzeit alle Infos zugetragen werden. So wie nach 23:34, als Bern das 2:1 erzielt. 24, 9, 14 meldet der Schiedsrichter. Dominik Kahun hatte das Tor erzielt. Übrigens: die Musik wird nicht aus dem Speaker Häuschen bedient, sondern von der Regie weit oben im Stadion.
„Beim nächsten Unterbruch kommt das 105-Game“, meldet der Regisseur. „Merci“ bedankt sich Geri und meint: „Ausser es fällt ein Tor“. Es fällt kein Tor, also kann die Gewinnerin des Spiels genannt werden. Im Stadion wird es jeweils laut, wenn eine der Fangruppen eine Benachteiligung der eigenen Mannschaft gesehen haben will. So auch nach rund 6 Minuten im zweiten Drittel. Im Speaker Häuschen bleibt da alles still! Die da anwesenden Experten haben nichts problematisches oder gar regelwidriges gesehen. Genau so wie die Schiedsrichter auch nicht. Also läuft die Partie zu Recht weiter. Sehr laut wird es im Speaker Häuschen eigentlich nur in einem Fall: wenn ein Spieler grad vor dem Haus seinen Gegenspieler in die Bande checkt, hört man das drin sehr gut. Die Checks tun dann zum Glück wohl nicht so weh, wie es drinnen laut wird.
30:58, „super Phippu“ hört man. Der Berner Torhüter Philipp Wüthrich hatte eben einen Big Safe. Die Berner kontrollieren die Partie in der Folge recht gut, auch wenn Lausanne immer wieder kleine Nadelstiche zu setzen vermag. Auf der Anzeigetafel erscheint wieder mal eine Zahl zur Entschleunigung, also zum Bremsen. 7,34 Meter pro Quadratsekunde. „Ob sich jemand etwas darunter vorstellen kann?“, so die Frage im Speaker Häuschen, die wohl für alle Anwesenden gleichermassen gilt. „Ds 2. Drittu duuret no 1 Spielminute“. 2:1 Pause. Dachten wohl viele, auch der Schreibende: Doch nach 39:34 erzielte Lausanne den Ausgleich durch den Topscorer Antti Suomela. „Das wäre jetzt nicht nötig gewesen“, dachten wohl alle Berner Fans. 2:2 Pause.
Übrigens, vielleicht auch noch eine interessante Info. Die Sirenentöne während dem Spiel sind logischerweise in der Matchuhr programmiert und ertönen automatisch. 3 Minuten vor Ende der Drittelspause ertönt jeweils auch eine Sirene. Diese muss aber manuell ausgelöst werden. Zu Beginn des dritten Drittels fragte man sich: Würde es dem SCB gelingen, die Negativserie zu beenden? „Wichtig wär’s“ war man sich im Speaker Häuschen einig. 16:15 vor Ende des dritten Drittels. Pully vor dem Lausanner Tor. Der Linesman wirft die Scheibe ein und unterbricht die Partie gleich wieder. Die Zeitnehmer hatten die Zeit schon wieder gestartet. Und müssen diese nun korrigieren, „Darum schreiben wir bei jedem Unterbruch die Zeit auf“, erklärt der Zeitnehmer Rolf. Damit in solchen Fällen alles korrekt korrigiert werden kann. Vor dem Zeitnehmer der Matchuhr liegt in der Tat ein Blatt, auf dem jeder Unterbruch in schöner Schrift erfasst wird.
„Obstruction, interference, le 71. 50:24“ so die Ansagen in der Mitte des dritten Drittels. Der HC Lausanne kassiert eine Strafe und Bern kann in Überzahl agieren. „Lausanne HC komplett“, speakert Geri Ryser, was zusammenfassend heisst, dass die Berner keinen Profit aus der Überzahl ziehen konnten. Kurz darauf zieht Ejdsell alleine aufs Lausanner Tor und trifft das Stockende des Torhüters. Wieder kein Tor. In den letzten fünf Minuten des dritten Drittels drückte der SCB auf den Siegtreffer. Und er kam auch zu teils sehr guten Chancen. „Sie sind nicht grad vom Glück begünstigt“, so das zutreffende Fazit . 2:2, Ende der regulären Spielzeit. Je ein Punkt, 3 Minuten Pause und dann 5 Minuten Overtime, beziehungsweise längstens bis ein Tor fällt.
In der Overtime spielen 3 gegen 3 Feldspieler. Der Zeitnehmer zeigt dem Schiedsrichter an, dass er bereit ist, los geht die Verlängerung. Nach 35 Sekunden hat Bern die erste Riesenchance. Bern hat bisher 10 Overtimes verloren und nur deren 2 gewonnen. Eine stark negative Bilanz. Bern spielte auch in der Verlängerung nach dem Prinzip „Sorge tragen zur Scheibe“. Und die Berner kamen zu weiteren, teils sehr guten Chancen. Aber auch heute verlor Bern in der Verlängerung. Zum 11. mal in dieser Saison. Statistik nicht verbessert. Lausanne erzielte das 2:3. Wie beim Lausanner Ausgleich hatte der Topscorer Antti Suomela auf Pass von Oksanen getroffen.
Einschätzungen nach dem Spiel
„Ja, wenn man das Ganze anschaut, ist es bestimmt ärgerlich“, bilanzierte ein enttäuschter Simon Moser nach dem Spiel. Der SCB spielte über die ganze Partie eigentlich gut, aber, wieder Simon Moser: „Wir müssen aktuell sehr viel Aufwand betreiben um ein Tor zu machen. Und im Gegenzug machen wir zu viele Fehler, die bestraft werden.“
Kommen wir aber zurück zur Partie im Speaker Häuschen. Es ist beeindruckend, hinter die Kulissen zu schauen und zu sehen, was und vor allem wen es alles braucht, damit eine solche Partie stattfinden kann. „Einige der zahlreichen Helfer kennt man, weil sie schon jahrelang dabei sind“, meinte Simon Moser nach der Partie. Damit sind bestimmt auch Rolf und Geri gemeint mit 35 bzw. 33 Saisons. „Es ist schön, mit jenen Leuten einen Schwatz zu haben, die dir helfen, deinen Beruf auszuüben“, freut sich Simon Moser über die Helferinnen und Helfer.
Meine letzte Frage an Simon Moser lautete: ich schreibe einen Artikel über die Helfer im Speaker Häuschen, was soll ich ihnen mit auf den Weg geben? „Merci vielmal für ihren Einsatz, es braucht alle, auch zum Beispiel die Volunteers, die vor dem Stadion arbeiten. Wir schätzen das sehr“. Dem ist nichts hinzuzufügen. Merci euch allen. Es war ein toller Abend hinter den Kulissen eines Eishockeyspiels.
Best Player
Bern: Romain Loeffel
Lausanne: Antti Suomlea
SC Bern – Lausanne HC 2:3 nV (1:1; 1:1; 0:0; 0:1)
Tore:
0:1 |9.| Michael Raffl (Kuokkanen)
1:1 |19.| Romain Loeffel
2:1 |24.| Dominik Kahun (Ejdsell, Füllemann)
2:2 |40.| Antti Suomela (Oksanen)
2:3 |65.| Antti Suomela (Oksanen)
Zuschauer:
14’945 Zuschauer
Postfinance Arena
Foto: eishockey-online.ch