
Von Jobs und heute unerfüllter Passion
„Ich habe keinen Job, ich habe eine Passion“, meinte mein Schwiegervater beim Verlassen des Stadions. Eishockeyspieler haben ihre Passion zum Job gemacht. Heute war von Passion nicht viel zu sehen. Es war eher ein ungenügender Job.
„Wir konnten heute nicht 100%, also nicht unser bestes Hockey zeigen“, meinte ein sichtlich enttäuschter Philip Wüthrich nach der Partie. Zu Beginn sei noch erwähnt, dass Adam Reideborn, der andere Berner Torhüter, überzählig war. Somit konnte der SCB mit sechs ausländischen Feldspielern antreten. Und um die Personalien abzuschliessen, müssen wir noch darauf hinweisen, dass seitens der Berner nach wie vor Marco Lehmann und Anton Lindholm, seitens Ambri Florian Douay verletzt fehlen.
Die Partie startete einigermassen ereignisarm, um nicht zu sagen ereignislos. Es dauerte fast drei Minuten bis der erste, harmlose Schuss aufs Leventiner Tor abgegeben wurde. Die beidseitige Schusskadenz erhöhte sich in der Folge zwar, wirkliche Gefahr kam aber vorderhand nicht auf. So können wir uns einigen Hintergrundinfos widmen. Die Gäste-Fanecke war, wie immer im Fall von Ambri, sehr gut gefüllt, damit wohl ausverkauft. Der Blick ins Stadion verriet allerdings sofort, dass heute der Zuschauerdurchschnitt – dieser liegt knapp unter 16’000 Zuschauern – heute nicht erhöht worden ist. Ganz im Gegenteil: es waren weniger als 15’000 Zuschauerinnen und Zuschauer anwesend.
In der 9. Minuten wanderte dann Ambris Jesse Virtanen auf die Strafbank. „2 minuti per scmbetto“, erklärte der Berner Stadion-Speaker Geri Ryser in perfektem Italienisch. Manch einer im Stadion hätte sich wohl gefreut, wenn des SCB’s Spiel ebenso perfekt gewesen wäre. War es aber nicht. Die Überzahlsituation lief ereignisarm beziehungsweise eben ereignislos ab. In der 17. Minute wanderte dann der Berner Victor Ejdsell auf die Strafbank, womit diese Statistik vorderhand ausgeglichen war. Und mit dieser Überzahl konnte Ambri auch die Schussstatistik einigermassen ausgleichen. Nach dem ersten Drittel lautete diese: 6 für Bern, 5 für Ambri. „Wes es Gou hät gäh u dir hättets verpasst….“ so die äusserst konzise und korrekte Zusammenfassung des Speakers nach einem ereignisarmen oder fast ereignislosen ersten Drittels. 0:0. Pause.
Das zweite Drittel startete dann vergleichsweise furios. Nach 24 Sekunden bediente Patrick Nemeth seinen Kollegen Victor Ejdsell, der das Score eröffnete.1:0 Bern. Drei Minuten später glichen die Leventiner die Partie wieder aus. Jesse Virtanen hatte Philippe Maillet mustergültig bedient. Danach erhöhten die Berner etwas die Kadenz. Das Tempo war höher, die Pässe präziser und auch die Schüsse zahlreicher. Vorerst allerdings noch ohne zählbaren Erfolg auf der Anzeigetafel. 4.33 Meter pro Quadratsekunde, dies die Beschleunigung von Waltteri Merelä. Auch wenn man sich darunter als nIcht-Physiker nur wenig vorstellen kann, zeigt die Zahl wohl, dass die Partie schneller geworden war.
Die Spielmitte war inzwischen vorbei, das Spiel stand nach wie vor ausgeglichen 1:1. Die Partie war zwar nicht mehr ganz so ereignislos, doch immer noch einigermassen arm an Szenen, welche die zahlreich anwesenden Sitzplatzzuschauer von den Sitzen gerissen hätte. Die Sitzplatzzuschauer erhoben sich dann in der 39. Minute doch noch von ihren Sitzen. Der Berner Postfinance Topscorer Austin Czarnik schloss eine Berner Druckphase zum 2:1 ab. Doch wie bei der ersten Berner Führung glich Ambri aus noch bevor die Sitzplatzzuschauer wieder absitzen konnten. Auch bei den Leventinern traf der Postfinance Topscorer, es ist dies Dominik Kubalik. 2:2. Pause. Dass man nach Führungstreffern immer grad wieder den Ausgleich kassiert habe, sei ärgerlich, meinte Philippe Wüthrich. „Es ist eine Kopfsache. Es wäre sicher zu verhindern gewesen“.
Die Ereignisarmut stellte sich im dritten Drittel wieder ein. Oder wie es ein Journalist in der Pause im Medienraum zutreffend festhielt: „Es isch e komische Match“. Von dem man vorderhand nicht sagen konnte, wie er ausgehen würde. Lichtblick auf Berner Seite war die Sturmlinie um Simon Moser, Dominik Kahun und Marc Marchon. Sie waren engagiert und versuchten immer wieder, Tempo ins Spiel zu bringen. In der 53. Minute liefen die Berner aber dann in einen Tessiner Konter. Inti Pestoni schnappte sich an der eigenen blauen Linie die Scheibe und netzte zum 2:3 ein. Wobei anzumerken ist, dass die etwas desorganisierte Berner Abwehr auch nicht gross Widerstand leistete.
Joël Vermin traf gut zwei Minuten vor Ende der regulären Spielzeit noch den Pfosten. Danach nahm der Berner Coach Jussi Tapola sein Timeout und seinen Torhüter Philippe Wüthrich vom Feld. Massnahme, die ohne Erfolg blieb. Es war wieder der Topscorer Dominik Kubalik, der das siegsichernde 2:4 zu Gunsten der Leventiner erzielen konnte. Ambri-Piotta sicherte sich in Bern drei wichtige Punkte.
Kommen wir zurück zum Job beziehungsweise zur Passion. „Heute lag’s an Individuellem. Und jeder muss in den Spiegel schauen, sich selber an der Nase nehmen und es am Freitag besser machen,“ resümierte Philippe Wüthrich. Nach der Partie blieb die Garderobentür des SCB denn unüblich lange geschlossen. Darauf angesprochen meinte der Berner Torhüter: „Wir haben besprochen, was nicht gut war und was wir im Hinblick auf Freitag vorbereiten müssen, um gegen Zug zu gewinnen.“ Jussi Tapola, der Berner Coach dürfte seinen Mannen vorgegeben haben, mit mehr Einsatz und Engagement zu spielen. Damit der SCB am Freitag zurecht die Worte meines Schwiegervaters wird für sich selber verwenden können: „Wir haben keinen Job, wir haben eine Passion“.
Best Player
Bern: Philippe Wüthrich
Ambri-Piotta: Dominik Kubalik
SC Bern – HC Ambri-Piotta 2:4 (0:0; 2:2; 0:2)
Tore:
1:0 |21.| Victor Ejdsell (Nemeth, Czarnik)
1:1 |24.| Philippe Maillet (Virtanen, DiDomenico)
2:1 |39.| Austin Czarnik (Vermin, Ejdsell)
2:2 |39.| Dominik Kubalik (Maillet, DiDomenico)
2:3 |53.| Inti Pestoni
2:4 |59.| Dominik Kubalik
Zuschauer:
14’523 Zuschauer
Postfinance Arena
Foto: justpictures.ch