
Auf Bärtschi müsste beim SCB Christian Dubé folgen
Die Nachricht kam letzten Montag. Der SCB und sein General Manager, zu Deutsch der Sportchef Patrik Bärtschi haben die Zusammenarbeit per sofort beendet. Warum denn? Eishockey-online wagt eine Hypothese. Bärtschi musste nicht wegen schlechten Transfers gehen. Nein, Bärtschi passte nicht zur Strategie und damit nicht ins Konzept des SCB. Denn genau so erläutert der SCB die Trennung. Es seien „unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der strukturellen und inhaltlichen Weiterentwicklung zutage“ getreten. Strategie und Konzept des SCB ist weit mehr als die Zusammenstellung einer Mannschaft.
Der SCB ist ein Unternehmen, das jährlich wohl rund 60 Mio. Franken umsetzt. So zumindest schätzt das die KI, wenn man mit Google nach dem Umsatz der Berner sucht. Die Zahl dürfte nicht weit von der Wahrheit liegen. Und die Zahl ist beeindruckend. Sie ist umso beeindruckender, wenn man weiss, dass der SCB all das Geld selber erwirtschaftet. Es gibt keinen Mäzen im Hintergrund, der Geld einwirft, wenn man es nötig hat. Jeder Franken muss erwirtschaftet werden. Kurz vor der Jahrtausendwende übernahm Marc Lüthi den SCB. Und Lüthi hat den SCB dorthin geführt, wo er heute steht.
Der SCB ist Marc Lüthi und Lüthi ist der SCB. Denn ohne Lüthi gäbe es den SCB heute zumindest in dieser Form nicht mehr. Er hat den SCB zu einer geölten Maschinerie entwickelt. Und dass solche Manager zuweilen dominant auftreten müssen, ergibt sich von selbst. Und so kommt es denn auch, dass man Lüthi nicht glaubt, wenn er sagt, dass nicht er, sondern Martin Plüss, den Entscheid bezüglich Patrick Bärtschi gefällt habe. Wer Lüthi nicht glaubt, irrt allerdings.
Martin Plüss ist Sportdirektor, nicht Sportchef
Und als Sportdirektor hat Plüss vom CEO Marc Lüthi Ziele erhalten, die er umsetzen muss. Und diese Ziele orientieren sich mit Bestimmtheit an der Gesamtstrategie des SCB. Plüss dürfte zum Schluss gekommen sein, dass er diese Ziele mit Patrik Bärtschi nicht erreichen kann. Wenn Plüss davon spricht, dass man sich bezüglich der „strukturellen und inhaltlichen Weiterentwicklung“ nicht gefunden habe, dürfte es sich um weit mehr als nur um das Kader gehandelt haben. Um diese Hypothese zu verifizieren, wagen wir einen Blick in die Struktur, also in die Organisation des SCB.
CEO, das ist bekannt, ist Marc Lüthi, er verantwortet die Gesamtstrategie und muss als CEO sicherstellen, dass der SCB Geld verdient. Lüthi sagt ja immer wieder – und das völlig zu Recht – dass der SCB keinen Franken ausgibt, den er nicht vorher verdient hat. Der Bereich Sport verdient an sich kein Geld, sondern er gibt es aus. Allerdings ist der Bereich Sport die zentrale Begründung, damit der SCB Geld verdienen kann. Geld verdient der SCB einerseits mit seinen Gastrobetrieben. Insofern ist es auch völlig logisch, dass der Direktor der Sportgastro AG in der Geschäftsleitung des SCB sitzt.
Anderseits verdient der SCB Geld mit Sponsoren. Diesen Bereich verantwortet beim SCB Pascal Signer, der COO. Es sieht so aus, als habe der SCB diesen Bereich in den letzten Jahren ausgebaut. Marketing, PR und Kommunikation sollen logischerweise Einnahmen bringen. Den Posten eines traditionellen Medienchefs sucht man beim SCB seit einigen Monaten vergeblich. Denn Medienarbeit dürfte nun vor allem dem Marketing und dem Erhalt und Ausbau von Sponsoren und Partnerschaften dienen. Der Bereich, der dem SCB viel Geld einbringen soll, ist damit sehr wichtig. Die Wichtigkeit dieses Bereichs unterstreicht der Umstand, dass er mit 15 Mitarbeitenden mit Abstand der grösste Bereich ist.
Jeder Franken muss zuerst verdient sein
Der SCB ist also eine hervorragend geölte Maschinerie, welche das Geld verdient, das der Bereich Sport ausgibt. Allerdings muss der Bereich Sport dafür sorgen, dass man dieses Geld auch verdienen kann. Insofern greift es zu kurz, wenn man Martin Plüss durchaus polemisch als „Obersportchef“ bezeichnet. Plüss ist nicht ein Obersportchef, sondern er verantwortet als Mitglied der Geschäftsleitung den gesamten Bereich Sport, der Einnahmen ermöglichen soll. Und dazu gehören Köbi Kölliker, den Sportchef der SCB Frauen, die übrigens dieses Jahr Meisterinnen geworden sind. Auch Marc Weber, der Geschäftsführer SCB Future AG muss mit einer erfolgreichen Juniorenabteilung dafür sorgen, dass der SCB Talente in die erste Mannschaft bringt.
Und damit wären wir wieder bei Patrick Bärtschi, der als Sportchef Herren die wichtigste Rolle spielt, wenn es darum geht, Sponsoren und Partner zu überzeugen. Genau da dürfte Bärtschi zu wenig zur Zielerreichung beigetragen haben. Der Eismeister Klaus Zaugg bezeichnet es folgendermassen: „Weiterhin wohnhaft im Züribiet sei Patrik Bärtschi in Bern gar nie angekommen und beim SCB ein Fremdkörper geblieben.“ In der Tat war Bärtschi – so hörte man in Journalistenkreisen – nicht sehr sichtbar, um’s mal vorsichtig zu formulieren. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Andrew Ebbett sah man ihn quasi nie im Gespräch mit Medienschaffenden. Und wenn er nicht mit Medienschaffenden sprach, dürfte er möglicherweise auch nicht genug mit Sponsoren und Partnern geredet haben.
Beim SCB muss man sichtbar sein….
… und wer das nicht ist, scheitert. Bärtschi sah man selten und deswegen musste er gehen. Er hat ganz offensichtlich unterschätzt, dass man beim SCB nicht „einfach“ nur als Sportchef Geld ausgeben darf, sondern dass man auch eine Mitverantwortung für das Generieren von Geldern trägt. Und klar: Bärtschi hat auch einige Kaderfehler begangen. Einerseits konnte man immer mal wieder lesen, dass Austin Czarnik zu Lausanne gegangen sei, weil man zu spät mit ihm geredet hat. Und andererseits hat es der Sportchef auch nicht geschafft, für Dominik Kahun ein adäquates Umfeld zu schaffen. Auch Kahun ging, allerdings schon während der abgelaufenen Saison, zu Lausanne. Und schliesslich ist Bärtschi auch die Goalie-Thematik anzulasten. Ganz offensichtlich hat er auch in dieser Frage zu spät gehandelt.
Nämlich erst dann, als der Berner Goalie Philip Wüthrich bei Ambri unterzeichnet hatte und Bärtschi dann ohne Not mit Adam Reideborn, einem Torhüter, der eine Ausländerlizenz belastet, verlängert hat. Damit hat Bärtschi ein zusätzliches Problem geschaffen, statt eines zu lösen. Summa summarum war Bärtschi mit der Kaderzusammenstellung nicht erfolgreich genug, unverzeihlich dürfte jedoch sein strategiewidriges und wohl auch etwas konzeptloses Handeln gewesen sein.
Und nun lesen wir vom Eismeister Zaugg und auch von unseren lieben Kollegen von hockeyfans.ch, dass man sich bei Bern einen Christian Dubé als Sportchef wünscht. Dubé ist mit Bestimmtheit die Idealbesetzung für den Job als Sportchef in Bern . Dass er Mannschaften zusammen stellen kann, hat er bei Gottéron bewiesen und Dubé wird ein starker Charakter nachgesagt. Einen solchen Charakter soll Martin Plüss suchen. Dubé und Plüss haben beim SCB zusammen gespielt, was auch für den Kanadier spricht, der in Martigny seine Karriere begonnen hatte, weil sein Vater in der Stadt der Fondation Gianadda auch als Eishockeyspieler aktiv war.
Und schliesslich ist Dubé wohl das pure Gegenteil von Bärtschi. Dubé ist hier in Bern nach wie vor ein Publikumsliebling. Viele Fans tragen seine Nummer 96 noch heute. Und damit würde Dubé gleichermassen konsumierende Fans wie Sponsoren für den SCB begeistern können. Will Martin Plüss die ihm mit grosser Wahrscheinlichkeit durch Marc Lüthi gesteckten Ziele erreichen und einen Sportchef anstellen, der nicht nur Geld ausgibt, sondern auch Solches generiert, kann seine Wahl für einen Sportchef nur einen Namen tragen: Christian Dubé.
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