
Auf dass es für den SCB Licht gebe
„Vale, positiv sy, mir hei es Gou gschosse“, so der Kommentar, den ich von einem guten Freund heute Abend aus der Postfinance Arena erhalten habe. Ein Tor genügt in der aktuellen Situation noch nicht, um Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Denn mit dem Licht sollte es dann auch aufwärts gehen. Hier folgt nun der Versuch einer Spurensuche aus der Ferne. Vielleicht vermittelt die Ferne eine objektive Distanz.
Im Lead ist es bereits angetönt. Dieser Artikel entsteht auf Sardinien. Der Chronist war also heute Abend nicht in der Postfinance Arena zugegen, sondern bezieht seine Informationen von guten Freunden, die dem Spiel zwischen dem SCB und Gottéron beigewohnt haben. Und zudem basiert dieser Bericht auf Zahlen, die vom Matchtelegramm und der aktuellen Tabelle stammen. Der folgende Bericht ist also kein Matchbericht im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr eine Spurensuche.
Beginnen wir unsere Spurensuche mit der Sprachnachricht eines weiteren guten Freundes, welche das heutige Spiel beschreibt. „Eigentlich ist es ein Spiel am Gescheitesten ohne Worte. Es ist aus Berner Sicht himmeltraurig.“ Es sei vom Torhüter über die Verteidiger bis hin zu den Stürmern kein Selbstvertrauen vorhanden. Bern habe zwar gut angefangen, doch danach sei der Faden sehr schnell gerissen. Was Jussi Tapola dazu verleitet habe, bereits im ersten Drittel ein Timeout zu nehmen.
Was eine gute Massnahme gewesen sei, denn sonst wäre man schon früher in Rückstand geraten. „Wollen wir mal schauen, was die Woche noch bringt, im Moment gibt es aber nichts, was Freude machen könnte.“ Das Schönste am heutigen Abend sei gewesen, dass er zwei Freiburger Copains eingeladen habe und dass sie nach dem Match ein schönes Fest gehabt hätten. Aber, so schliesst der gute Freund: „Immer nur den anderen zu gratulieren, ist auf Dauer auch ein bisschen schwierig.“
Fahren wir mit einigen Zahlen weiter. Bern konnte gemäss Matchtelegramm heute Abend fünf Mal in Überzahl, davon einmal in doppelter Überzahl spielen. Der SCB konnte aber wie bisher keinen Profit aus diesen Chancen ziehen. Nach 32 Minuten lagen die Berner dann 0:3 zurück. In der 35. Minute keimte dann sowas wie Hoffnung auf, als Merelä auf 1:3 verkürzen konnte. Vorher, so ist es im Blick nachzulesen, hallten allerdings schon die ersten Pfiffe von den mit 15’093 Zuschauerinnen und Zuschauern gut gefüllten Rängen.
Die Hoffnung war allerdings von extrem kurzer Dauer. Kurz nach Beginn des dritten Drittels brachten Sprunger und Schmid die Freiburger mit 1:5 in Front. Einen Vorsprung, den die Üechtländer dann locker über die Zeit brachten. So bleibt der SCB nach 9 Spielen auf seinen 8 Punkten sitzen und rutscht auf Rang 11 und damit in eine veritable Krise ab.
Die detaillierte Analyse der Tabelle zeigt das Problem der Berner dann doch ziemlich schonungslos auf. In neun Spielen hat man ein Torverhältnis von 13:23. Man hat also nur 13 Tore geschossen, zusammengerechnet 1,44 pro Spiel. Das ist dramatisch zu wenig. Und da liegt somit das aktuelle Hauptproblem des SCB. So wenig Tore hat sonst keiner in der Liga erzielt. Sogar die hinter Bern liegenden drei Teams haben mehr Tore geschossen. Lugano und Ajoie je 17 und Ambri 16.
Auch heute war das Hauptproblem der Berner die offensive Durchschlagskraft. Man kreiert sich zwar durchaus immer wieder Chancen, vergibt diese aber auch immer mal wieder kläglich. Das Problem scheint in der mentalen Ebene zu liegen. Das ist an sich eine plausible Erklärung. Allerdings hat man dies beim SCB bereits Ende August anlässlich der Champions League Partien konstatieren können. Ein professioneller Verein, wie der SCB einer ist, hätte in dieser Zeit sicher eine Lösung für diese mentale Blockade finden müssen. Also muss es andere Probleme geben.
Albi Saner, der legendäre Berner Sportreporter, brachte es mit einer Frage nach dem Spiel auf den Punkt: „Die Schwierigkeit liegt daran, dass man gar nicht weiss, woran es liegt“, fragte er den Berner Sportchef Diego Piceci. „Es gibt Punkte, die man als Ursache identifizieren kann und es gibt Punkte, von denen man nicht weiss, wo die Blockade liegt.“
Man müsse die Punkte angehen, auch wenn dem Sportchef voll bewusst sei, dass man nicht viel Zeit dafür zur Verfügung hat. „Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, um das Schiff wieder auf Kurs zu bringen“, so Piceci weiter. Der Sportchef tönt einigermassen ratlos. Wer möchte ihm das verübeln, denn guter Rat scheint in der aktuellen SCB-Misere einigermassen teuer. „Mir fehlen im Moment die Lösungen, damit man vor dem Tor effizienter wird“, so nochmal der Berner Sportchef.
„Ein Impuls ist nötig und welchen Impuls es braucht, das müssen wir jetzt anschauen“, so des Sportchefs Antwort auf die unausweichliche Frage nach dem Trainer Jussi Tapola. Es ist halt wie es immer ist: Der Trainer ist das schwächste Glied in der Kette wenn’s nicht läuft. Man darf sich auch mit Fug und Recht die Frage stellen, ob Tapola den Draht zum Team noch hat. Oder zumindest, ob Tapolas System in der aktuellen Misere taugt.
Tapola ist ein Trainer, der einen sehr genau Plan hat und der diesen mit Akribie, einige mögen sagen, mit Sturheit verfolgt. Tapola hat den Bernern ist den letzten Jahren spielerische Ordnung beigebracht. Man hat auf das Spiel mit der Scheibe gesetzt. Will heissen, das oberste Ziel ist, die Scheibe in den eigenen Reihen zu halten. Von aussen betrachtet kam der Eindruck auf, dass Tapola jedem Spieler im Training seine Aufgabe mitgeteilt hat und dass sich die Spieler auch genau an diese Anweisungen gehalten haben. Oder eben halten müssen. Wer dies nicht tun mochte, wechselte wohl den Verein.
Jetzt aber läuft es nicht mehr. Und es macht den Anschein, als dass die Spieler sich mit jedem Misserfolg noch mehr an das klammern, was ihnen Tapola mitgegeben hat. Aber Tapola-Eishockey funktioniert eben nur mit Selbstvertrauen und dieses ist aktuell in Bern völlig weg. Man kann es drehen und wenden wie man will. Das Selbstvertrauen wird nur zurückkommen, wenn es gelingt, die Blockade bei den Spielern zu lösen. Der Chronist wagt hier mal eine Hypothese, die durchaus auch als Rat eines aussenstehenden Eishockey-Begeisterten verstanden werden darf: mit Tapola’schem Schablonen-Eishockey lässt sich keine Blockade lösen.
Insofern wird es beim SCB wohl jetzt so kommen, wie es in solchen Situationen immer kommt. Der Trainer wird gehen müssen. Nicht, weil er ein schlechter Trainer wäre, sondern weil sein Game-Plan in der aktuellen Situation definitiv nicht funktioniert. Es braucht beim SCB nun sehr schnell einen Trainer, der die Blockade der Spieler löst, der ihnen Selbstverstrauen zurückgibt und der ihnen Raum für Kreativität gibt.
Denn auch die Spieler des SCB sind nicht schlecht, ganz im Gegenteil. Aber man muss ihnen nun zwingend erlauben, aus der bisherigen Schablone auszubrechen, um mit Freude und Kreativität Eishockey zu spielen. Auf dass das Licht am Ende des Tunnels scheine. Denn wie ein weiterer guter Freund eben in einer Whatsapp Nachricht bemerkte: “ I gseh no kes Liecht am Ändi vom Tunnel“. Recht hat er. Licht gibt es heute Abend keines. Aber ein Verein wie der SCB muss daran glauben, dass es mit dem Ausbruch aus dem „Schablonen-Eishockey“ wieder Licht geben wird und aufwärts gehen kann.
Foto: Valentin Lagger