
Wieder Licht und Feuer beim SCB
Auch dieser Artikel entsteht in Sardinien. Und auch dieser Artikel konnte nur dank zwei guten Freunden geschrieben werden, welche mir hervorragend aus der Postfinance Arena berichtet haben. Beide sprechen von einer Verbesserung des SCB und beide sehen noch Luft nach oben. Luft, welche die SCB Verantwortlichen so schnell wie möglich in Form eines Tapola Nachfolgers einhauchen müssen. Auf dass noch mehr Licht und Feuer komme.
Die Partie begann eigentlich recht ausgeglichen und bewegte sich nicht auf einem spielerisch extrem hohen Niveau. Was auch nachvollziehbar ist, spielten doch heute Abend in der Postfinance Arena zwei Teams gegeneinander, die in der zweiten Tabellenhälfte anzusiedeln sind. Gemessen an den Chancen hätten die Langnauer nach dem ersten Drittel in Führung liegen müssen. Taten sie aber nicht. In der 8. Minute nützte Alain Graf in Überzahl spielend Zuspiele von Scherwey und Baumgartner aus und brachte den SCB 1:0 in Führung.
Auch im 2. Drittel verzeichneten die Langnauer mit 10:7 Abschlüssen mehr Chancen, konnten daraus aber keinen Profit schlagen. Einzig Phil Baltisberger brachte die Langnauer in der 25. Minute wieder heran. Es stand 1:1. Aber nur grad 6 Minuten später stellte Waltteri Merelä die Stadtberner Führung wieder her, als er in der 31. Minute zum 2:1 traf. Balsam auf die jetzt doch sehr lange geschundene Stadtberner Eishockeyseele.
Auch im dritten Drittel verfügte Langnau über ein wenig mehr Spielanteile, konnte diese aber nicht in Tore ummünzen. Das Spiel blieb aber beidseitig etwas zerfahren. Was man beim SCB deutlich sah, war der Wille, es gut zu machen. Sie gingen denn auch aggressiver ans Werk, als man das in den letzten Spielen gesehen hatte. Das darf man seitens Bern durchaus auch als Steigerung bezeichnen. Das Resultat geht am Schluss in Ordnung, der SCB gewann – endlich nach langer Zeit – wieder mal einen Match und verzeichnet nun 11 Punkte.
Vergleicht man den heutigen Abend mit den vorigen Partien dieser Saison, so fallen doch einige für den SCB positive Dinge auf. Zuallererst, und das ist das Wichtigste, auf der Matchuhr steht ein Sieg. Bisher verlor man im besten Fall ehrenvoll und mit vielen eigenen, aber ungenutzten Chancen. Physisch hat der SCB auch Einiges zugelegt. In diesem Bereich waren sie den Langnauern heute Abend überlegen. Der kämpfende Berner Bär scheint auch langsam aufs Eis zurück gekehrt zu sein.
Die Zusammenfassung meines zweiten Bericht erstattenden Freundes an diesem Abend zeigt denn auch deutlich, dass beim SCB seit Mittwoch etwas gegangen ist: „Der SCB hat sehr gut gekämpft, spielerisch ist noch viel Luft nach oben. Nebst Reideborn mit dem nötigen Spielglück hat mir die 4. Linie mit Scherwey, Graf und Moser sehr gut gefallen. Der SCL kann nicht mehr nur „bisse u müpfe“, auch spielerisch haben sie etwas zu bieten. Deshalb sind diese drei Punkte für den SCB auf dem Weg zur Besserung hoffentlich viel wert.“
Dem ad interim Coach Patrick Schöb ist es also gelungen, dem SCB wieder Selbstvertrauen einzuhauchen. Wer als Mannschaft nur ein Tor in einem Spiel erhält, hat vor allem in der Defensive Vieles richtig gemacht. Das Defensivsystem des am Mittwoch entlassenen Jussi Tapola ist gut. Ohne Selbstverstrauen passieren aber auch da Fehler. Solche konnte man heute vermeiden. Im Tor war Adam Reideborn bisher sowieso nichts vorzuwerfen, heute wurde er zudem zum Best Player gewählt
Und – das scheint mitunter das Entscheidende zu sein – der SCB tritt wieder mit mehr Physis auf. Man geht in die Zweikämpfe und bricht damit ab und an auch aus dem Schablonen-Eishockey aus. Das ist gut so. Aber klar, ein Licht am Ende des Tunnels macht noch keinen hell scheinenden Vollmond. Dazu braucht es noch mehr und es braucht auch Konstanz. Die grosse Frage ist, mit welchem Trainer kann man wieder Fortschritte am richtigen Ort machen? Und welcher Trainer haucht dem Team weiter Selbstvertrauen ein, auf dass es konstant spiele.
Eine Variante ist, man behält den 38-jährigen Patrick Schöb an der Bande. Er hat es immerhin innert weniger Tage geschafft, dem SCB Selbstvertrauen und Physis zurück zu geben. Und seine Erfolge mit Juniorenteams zeigen, dass er ein guter Eishockeylehrer ist. Die Frage, die sich Schöb selber stellen muss, ist: will ich das Risiko eines Headcoaches schon jetzt eingehen? Vielleicht kommt ein solcher Schritt für ihn in der Karriereplanung zu früh.
Ein weiterer Name, der im SCB-Universum herumgeistert, ist jener von Christian Wohlwend. Klaus Zaugg nennt ihn den „gereiften Feuerkopf“. In der Tat ist Wohlwend ein Mann der Emotionen. Und als ausgebildeter Sportmentaltrainer und Stress- und Resilienz-Coach kann er bestimmt hoch professionell mit Emotionen umgehen und diese in einem bisher verunsicherten Team gewinnbringend einsetzen.. Und genau deswegen könnte er aktuell der einzig richtige Trainer für den SCB sein. Mit dem Assistenten Patrick Schöb könnte Wohlwend den von Schöb in den letzten Tagen eingeschlagenen Weg weitergehen. Und damit Erfolg in die Postfinance Arena zurückbringen.
Und dann hört man allenthalben immer mal wieder den Namen Christian Dubé. Für ihn spricht, dass er offensives und wohl auch kreatives Eishockey spielen lässt und den Spielern den Freiraum lässt, den sie brauchen. Dubé versteht es, auf die verschiedenen Charaktere der Spieler einzugehen und sie entsprechend ihren Fähigkeiten einzusetzen. Das hat er unter anderem mit Chris DiDomenico gezeigt. Der eigenwillige Kanadier hat Gottéron übrigens kurz nach Dubés Entlassung verlassen.
Dubé, Wohlwend, Schöb oder – wer weiss – vielleicht Lars Leuenberger. Er hat die Berner auch schon mal, im Jahr 2016, nach einem verpatzten Saisonstart zum Meistertitel geführt. Und dass er in schwierigsten Situationen den Erfolg zurück bringen kann, hat er letzte Saison bei Gottéron eindrücklich bewiesen. Also eben: alle Genannten haben das Zeug, den SCB wieder in die Spur zu bringen. Die sportliche SCB Führung tut gut daran, den Entscheid sehr bald zu fällen. Auf dass es noch mehr Licht und Feuer gebe – bis hin zum Vollmond und zu gereiften Feuerköpfen.
SC Bern – SCL Tigers 2:1 (1:0 |1:1| 0:0)
Tore:
1:0| 8.| Alain Graf Scherwey, Baumgartner)
1:1| 25.| Phil Baltisberger (Rohrbach, Pesonen)
2:1| 31.| Waltteri Merelä (Iakovenko, Müller)
Zuschauer:
16’131 Zuschauer
Postfinance Arena