Erwacht der Bär bis Ende Saison?

von 19.Dezember 2025National League

40 Minuten enttäuschend, 20 Minuten gut = Niederlage nach Verlängerung. In Bern sah es sehr lange Zeit nach einer Niederlage aus. Die dann nach Verlängerung auch Tatsache wurde. Aber Bern hatte im dritten Drittel ausgleichen können. Das Gold glänzt in Bern zwar – noch – nicht, aber die Hoffnung auf einen besseren oder gar guten Saisonabschluss lebt weiter.

Der Leader gegen das Team auf Platz 12. 71 Punkte gegen fast halb soviel, nämlich 36 Punkte. 118 gegen 60 erzielte Tore. 74 gegen 80 kassierte Tore. Oder auf einen Nenner gebracht Davos gegen Bern. Das ganze in der Postfinance Arena. Also eigentlich SCB gegen HCD. Der Unterschied zwischen den beiden Teams könnte grösser nicht sein. Davos, der unangefochtene Leader, mit 9 Punkten Vorsprung auf den Zweiten Freiburg. Und Bern, das weit hinter seinen eigenen Ansprüchen auf dem drittletzten Platz liegt.

Heinz Ehlers, der Berner Coach, hat die Nationalmannschaftspause bestimmt genutzt, um einige Automatismen einzustudieren. Was in nach 3 Minuten erstmals an diesem Abend keine Früchte trug, konnte doch Davos durch Filip Zadina in Führung gehen. Berns Reto Zurkirchen war ein erstes Mal geschlagen, wobei er da nichts dafür konnte. Die Berner Defensive hatte ihn im Stich gelassen.

Danach plätscherte das Spiel hin und her. Ohne grosse Höhepunkte und beidseits auch ohne nennenswerte Chancen. Daran vermochte auch die erste Strafe gegen den HCD nichts zu ändern. Bern konnte zwar die Scheibe in den eigenen Reihen zirkulieren lassen, liess aber nicht viel Gefahr vor dem Davoser Tor aufkommen. Und so ging es bis Drittelsende weiter. Keine wirklichen Höhepunkte hüben wie drüben. Und so endete diese erste Periode mit 0:1 für Davos. Pause.

Auch das zweite Drittel war vorerst arm an Sehenswertem. Wobei Davos spielerisch leicht überlegen war und sich so die knappe Führung rechtfertigte. In der 29. Minute konnte Davos dann auf 0:2 erhöhen. Tino Kessler, der zum besten Spieler seines Teams gewählt werden sollte, hatte getroffen. Man habe es kommen sehen, wurde allenthalben argumentiert. Ja, vielleicht. Allerdings war auch das klein gefährlicher Abschluss gewesen. In diesem Fall schien das Tor doch eher haltbar gewesen zu sein.

Ein geflügeltes Wort sagt: man muss spielen, um zu gewinnen, nicht um nicht zu verlieren. So mutete aber die Berner Spielweise an diesem Abend über weite Strecken an. „Ja, das stimmt“, analysierte Marco Lehmann nach dem Spiel. „Wir waren viel zu weit auseinander und hatten viel zu viel Respekt vor Davos.“ Was angesichts der Gegners noch einigermassen nachvollziehbar erscheint. Jetzt, wo noch knapp die Hälfte des Spiels anstand, war die Losung für die Berner klar. Man musste den Schalter umlegen. Und zu spielen beginnen , um zu gewinnen.

Ob das gelingen würde? Eigentlich sind nur ganz grosse Teams in der Lage, den Schalter noch mitten im Spiel umzulegen. Und beim diesjährigen SCB waren diesbezüglich Bedenken nicht unbegründet. Dies umso mehr, als es den Bernern im eigenen Drittel immer weniger gelang, eine saubere Angriffsauslösung zu spielen. Und wenn’s nicht läuft, kommt zuweilen auch Glücklosigkeit dazu. Der Davoser Torhüter Luca Hollenstein lenkte einen platzierten Berner Schuss mit seinem Stockende ins Fangnetz hinter dem Tor ab.

0:2. Zweite Pause. Vielleicht würden die Berner Zuschauerinnen und Zuschauer noch überrascht werden. Auch wenn diese Überraschung vor dem Hintergrund der bisherigen Torschüsse keine grosse gewesen wäre. Bern führte in dieser Wertung zu Beginn des dritten Drittels mit 24:17. Wobei man sich davon nichts kaufen kann. Diese statistische Erkenntnis unterstreicht einfach nur, was alle bereits wissen. Die Berner Effizienz ist – sagen wir es mal vorsichtig – stark optimierungsfähig.

An der Spielphysionomie änderte sich im dritten Drittel nicht viel. Davos kontrollierte das Geschehen ohne grosse Mühe und Bern hatte den Schalter nicht umlegen können. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen. Es fehlt den Bernern an offensiver Durchschlagskraft. Und das sogar an einem Tag, an dem Adam Reideborn nicht spielt und somit sechs Ausländerlizenzen für Feldspieler zur Verfügung standen. Es gelang heute jedoch kleinem der ausländischen Verstärkungsspieler, Akzente zu setzen.

Und während die Chronisten neun Minuten vor Schluss schon das Fazit des Spiels zu entwerfen versuchten, prallte ein Berner Schuss doch zumindest schon mal an den Pfosten. Würde doch noch Hoffnung aufkeimen? Ja, vielleicht. Denn wie Marco Lehmann es ausdrückte: „Im dritten Drittel fingen wir an Hockey zu spielen und kamen gut zurück“. Und das ging so: In der 54. Minute erzielte Simon Kindschi den Anschlusstreffer. Und woran wohl nur noch geglaubt hatten, traf dann ein. Bern erzielte noch in derselben Spielminute durch Lehmann den Ausgleich. Und plötzlich bebte die Halle wieder. Und Davos nahm sein Timeout.

Es ist das schöne Schicksal des Chronisten, dass es manchmal anders kommt. „Itz müesse mir dr Artikel umschribe“, meinte der Journalist neben mir. Bern hatte den Schalter irgendwie doch noch umlegen und sich in die Verlängerung retten können. Ein Punkt war schon mal im Trockenen. Immerhin. In der Verlängerung entwickelte sich mit 3 gegen 3 Spielern ein flüssiges Spiel, das Davos letztlich dann doch noch zu seinen Gunsten entschied. 2:3. Fertig. „Schade konnten wir nicht noch einen zweiten Punkt holen“, resümierte Marco Lehmann.

„Ich glaube, es sollte jetzt jedem klar sein, dass wir es können. Und wenn wir bereit sind, dann kommt das gut“, schaute Marco Lehmann auf die beiden verbleibenden Partien vor der Weihnachtspause voraus.  Heinz Ehlers, der Berner Coach, fasste das heutige Spiel genau gleich zusammen: „Die ersten 40 Minuten waren enttäuschend, die letzten 20 Minuten waren gut. Die Spieler haben 60 Minuten lang gut gekämpft, zuerst leider mit zu wenig Qualität.“ Am nächsten Montag spielt der SCB auswärts gegen Lausanne, am Dienstag dann zu Hause gegen die Lakers aus Rapperswil.

Bern ist nach heute wieder auf Rang 13. Der Rückstand auf Rang 10 beträgt aber nur einen Punkt. Und dieser Rang 10 würde dann schon zu den Pre-Playoffs berechtigen. Und dann könne man das Feld von hinten aufrollen, meinte ein Journalist nach der Partie zu Heinz Ehlers. „No comment“, meinte dieser. „Das ist noch viel zu weit weg“. Womit er richtig liegt. Nume nid gsprängt, eis nachem angere, wie der Berner zu Recht denkt oder sagt. Bären sind grosse Tiere, die vielleicht länger brauchen, um in Fahrt zu kommen. Wenn sie aber mal in Fahrt sind, sollte alles möglich sein. Die Hoffnung lebt weiter. 

Best Player
Bern: Marco Müller
Davos: Tino Kessler

SC Bern – HC Davos 2:3 nV  (0:1 |0:1 | 2:0 | 0:1)

Tore:
0:1| 3.| Filip Zadina
0:2| 29.| Tino Kessler
1:2| 54.| Simon Kindschi (Ejdsell)
2:2| 54.| Marco Lehmann (Merelä, Müller)
2:3| 63.| Klas Dahlbeck 

Zuschauer:
15’689 Zuschauer
Postfinance Arena

 

Foto: Marija Diepold